Die Triumph Records Story Teil 4: Triumph-Produktionen auf anderen Labels / RGM Sound Ltd ( here)
Joe Meek beendete seine Mitarbeit an Triumph Records im Juni 1960. Es war inzwischen unübersehbar geworden, dass der Wurm in dieser Firma steckte. Woran lag's? Zum einen ging der Firma ganz einfach das Geld aus, weil Meek zu teuer produzierte. Zweitens konnte die Firma ihren selbstformulierten Anspruch, den Teenager-Markt erobern zu wollen, nicht erfüllen. Kaum eine der Triumph-Singles war für dieses Zielpublikum wirklich geeignet, mit Ausnahme vielleicht von Michael Cox. Den dritten Störfaktor hätte man von Anfang an ahnen können: Saga war keine "normale" Plattenfirma, sondern ein Billiglabel, spezialisiert auf Filmmusik und Klassik zu volkstümlichen Preisen. Es war daher eigentlich vorhersehbar, dass aller großspurigen Reklame zum Trotz die Firma den Vertrieb der Triumph-Platten nicht in den Griff bekommen würde. Saga belieferte ausschließlich Kaufhäuser, die Vertriebsabteilung hatte die falschen Kontakte, die Vertreter kannten sich in der Popmusik nicht aus, und so landeten die Platten in den falschen Läden oder Abteilungen. Selbst als Angela Jones nach guten Funkeinsätzen in die Charts einstieg, war diese Platte im Fachhandel nur mit Mühe zu finden, und aus Geldmangel konnte auch nicht mehr nachgepresst werden. Auf der anderen Seite wurden etliche Triumph-Platten bereits wenige Wochen nach ihrer Veröffentlichung stapelweise in Kaufhäusern verramscht. Nachdem er Triumph Records verlassen hatte, tat Meek das Nächstliegende: Mit seinen Künstlern produzierte er weiterhin in eigener Regie Aufnahmen und kehrte notgedrungen zum Klinkenputzen bei den großen Plattenfirmen zurück, denen er seine Produktionen zur Übernahme anbot. Damit war er Independent-Produzent, das heißt, er arbeitete unabhängig von Plattenfirmen auf eigene Rechnung und auf eigenes Risiko. Meek hat dieses Verfahren nicht erfunden; in den USA war es längst gang und gäbe. Dennoch ist nicht anzunehmen, dass er es bewusst kopiert hat.
Wilfred Alonzo "Major" Banks Jetzt, nachdem Meek einige Erfolgstitel im Rücken hatte, sprang das Saga-Vorstandsmitglied Wilfred Alonzo "Major" Banks auf den Zug auf. Er, der ja zunächst das Triumph-Projekt an einen Kollegen weitergereicht hatte, hörte jetzt plötzlich Bargeld lachen. Banks, der durch den Import künstlicher Weihnachtsbäume nach England zu Geld gekommen war, offerierte Meek eine gemeinsame Musikproduktionsfirma; es war auch seine Idee, Meek zunächst ein wöchentliches Gehalt von 20 Pfund zu zahlen und ihm ein eigenes Tonstudio zu finanzieren. Dort würde Meek ungestört von zeitlichen und finanziellen Zwängen werkeln können. Die Firma wurde "R.G.M. Sound Limited" genannt und offiziell am 12. September 1960 ins Handelsregister eingetragen:
RGM-Briefkopf
Meek begann sofort mit der Suche nach geeigneten Räumen für das Studio. Diese fand er nicht weit vom Saga-Büro in den drei Stockwerken über einem Lederwarengeschäft in der Holloway Road 304 im Londoner Stadtteil Islington. In diesen Räumen wohnte und arbeitete er bis zu seinem Tod. Mehr Info zur RGM-Geschichte finden Sie hier. Zu den wichtigsten Abnehmern der RGM-Produktionen gehörten bald schon hochkarätige Labels wie HMV (His Master's Voice), Parlophone, Decca und Pye. Wegen der zeitlichen Parallelität ist schwer einzuordnen, ob die im folgenden aufgeführten Platten noch Triumph- oder schon RGM-Produktionen sind, denn Triumph bestand auch nach der RGM-Gründung noch eine Weile weiter. Zum Teil sind die Aufnahmen mit Sicherheit "Restbestände" aus der Triumph-Küche. Die Platten ab September 1960 tragen durchweg bereits den Aufdruck "RGM Sound Production"; die Meek-Chronisten Gene B. Robertson und Roger Dopson rechnen sie im "Record Collector" gleichwohl noch der Triumph-Ära zu, deswegen werden sie hier aufgeführt.
Pressung in grünem Vinyl, erschienen in Norwegen
Pressung in rotem Vinyl, erschienen in Norwegen
Pressung in blauem Vinyl mit Cover, erschienen in Schweden.
Eine englische Pressung, aber nur für den Export. In Englands Läden blieb Angela Jones mehr oder weniger unauffindbar.
Der Schauspieler und Sänger John Leyton fiel mit seiner Coverversion des US-Hits gleich zweimal unter den Tisch: Für die ursprünglich geplante Triumph-Veröffentlichung war es knapp zu spät. So wurde die Platte auf Top Rank veröffentlicht, doch kurz danach wurde das Label an EMI verkauft und diese Single aus dem Verkauf genommen, da EMI den Titel bereits mit einem anderen Interpreten im Programm führte. Tatsächlich also ist Leytons Tell Laura I Love Her, wenn überhaupt, nur sehr kurz im Handel gewesen.
Auch diese Platte dürfte nur sehr kurz im Handel gewesen sein, wenn überhaupt.
Es ist nicht zu klären, ob diese Platte je hergestellt worden ist; sie ist noch auf keiner Schallplattenbörse aufgetaucht, auch Scans oder Fotos sind nicht bekannt.
Einseitig bespielte Testpressung
Eine Fortsetzung von Angela Jones, ein Versuch, an den früheren Hit anzuknüpfen. Bis heute eine gern geübte Praxis in der Popmusik.
Unverkäufliches Werbeexemplar
Diese Platte wurde Meeks erster Nummer-1-Hit in den britischen Charts. Ein atmosphärisch dichter Todessong; auf dem Weg durchs Moor hört der Sänger im Rauschen des Windes in den Baumwipfeln die Stimme seiner verstorbenen Liebsten, die ihn ruft. Das Stück, das Geoff Goddard nach eigener Aussage in 20 Minuten schrieb, ist noch heute für jede Gänsehaut gut und gehört zum Besten, was Meek in seiner Hexenküche je gebraut hat. Gleichzeitig ist diese Aufnahme ein Musterbeispiel für Meeks Fähigkeit, in seinen Produktionen jeden überflüssigen Schnickschnack zu eliminieren. Was man auf dieser Platte hört, ist essentiell, weglassen kann man da nichts mehr. Begleitet wird Leyton von den Outlaws; arrangiert hat den Song Charles Blackwell; bemerkenswert die höchst präzise Rhythmusgitarre (es ist nicht ganz klar, wer sie spielt; nach seiner eigenen Aussage ist es der Sessionmusiker Eric Ford). Das Stück ist eine der wenigen Aufnahmen, in denen Meek den Gesang einmal nicht beschleunigt, sondern im Gegenteil leicht verlangsamt hat. Und legendär ist natürlich der weibliche Refraingesang, der aus einer anderen, einer "jenseitigen" akustischen Ebene zu kommen scheint: Mit großer Wahrscheinlichkeit ließ Meek die Sängerin Lissa Gray (eine ausgebildete Kammersängerin) zu diesem Behuf im gekachelten Badezimmer singen. Die BBC ließ durchblicken, man werde die Platte nicht spielen, da man Goddards ursprüngliche Textzeile " I hear the voice of my darling, the girl I loved who died a year ago" für "morbid" hielt. Goddard änderte daraufhin den Text. Auf der Platte war dann "... the girl I loved and lost a year ago" zu hören. Was die Sache eher noch geheimnisvoller machte. Trotzdem setzte die BBC die Platte auf die schwarze Liste, doch Meek gelang es, den Song in der populären ITV-Serie "Harpers West One" unterzubringen. Der Bann wirkte sich letztlich - wie oft in solchen Fällen - als erstklassige Werbung aus: Johnny Remember Me kletterte auf die Nummer 1 der Charts, verkaufte 500.000 Exemplare und wurde "Record of the Year". Mehr Info zu dem Stück finden Sie auch hier.
Unverkäufliches Werbeexemplar Der Titel Midnight in Luxembourg bezieht sich natürlich auf das Spätprogramm von Radio Luxembourg.
Der Cha Cha On The Moon ist ein unglaublicher Ohrwurm und produktionstechnisch ziemlich "meeky". Schade, dass niemand bei Pye den Nerv hatte, die Veröffentlichung dieser Platte auf dem Hauptlabel durchzusetzen. Auf Pyes Experimentierlabel Piccadilly hatte der Cha Cha kaum eine Chance, vom Publikum wahrgenommen zu werden.
Quellen/Sources: Garth Banks, Sammlung/Collection Harald Bluschke, Thomas Meyer und Jörg Richard, Record Collector 186, Feb. 1995 [Home] [Joe Meek Portrait] [Complete Recordings] [Meek Compositions] [Goddard Compositions] [Triumph Story] [CD Discography] [Noten/Scores] [Telstar Cover Versions] [Meek in Germany] [Literature, Documentaries etc.] [Miscellaneous] [Links] [About] [Contact] [Sitemap] © 2006 Jan Reetze last update: July 27, 2012
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