Joe Meek - ein Portrait ( here!)
Eine klassische Story von Aufstieg und Fall: Das war das Leben des Musikproduzenten und Popkomponisten Robert George "Joe" Meek (geboren 5. April 1929 in Newent, Gloucestershire; gestorben 3. Februar 1967 in London) - ein kurzes Leben irgendwo auf dem schmalen Grat zwischen Vision und Wahnsinn, immer wieder fließend vom einen ins andere übergehend; überdreht, komisch, traurig, euphorisch, deprimiert; eine ständige Achterbahnfahrt mit einem dramatischen Ende. Eine Geschichte von einem, der vielleicht sogar ein Genie hätte sein können, hätte er sich nur nicht dauernd selbst im Weg gestanden. Aber kein Mensch kann aus seiner Haut. Nicht nur der Song oder der Sänger, auch der Sound macht den Hit. Meek war der erste europäische Musikproduzent, der das in vollem Umfang begriff. Er sah das Tonstudio als sein Musikinstrument an, und er beherrschte es virtuos. Als extraordinärer Soundtüftler kann er in einem Atemzug mit Pop-Eminenzen wie Phil Spector, George Martin, Lee Hazlewood, Tom Wilson oder den Teams der "Motown"- oder der "Stax"-Studios genannt werden; der typische Sound einer Meek-Produktion ist sofort zu identifizieren. Zwar trat Meek nur ungern selbst in die Öffentlichkeit, doch sein Einfluss auf die britische Popmusik ist trotzdem noch heute spürbar. Zwischen 1961 und 1964 war Meeks Produktionsfirma R.G.M. Sound Ltd. eine der definitiven Adressen der englischen Popwelt. Sie produzierte einige noch heute international bekannte Hits; insgesamt 25 Meek-Produktionen erreichten die englische Top 40. Vor der Tür dieser Firma im Londoner Norden stand man Schlange; für ein Ja von Meek nahm man seine legendären Wutausbrüche ebenso hin wie seine Casting-Couch. Zeitweilig war er prominent; in England kennt man ihn noch heute. Durch seine Werkstatt liefen Popgrößen wie Tom Jones (damals noch Tommy Scott geheißen), Rod Stewart, Ritchie Blackmore, Jimmy Page oder der spätere Hendrix-Drummer Mitch Mitchell; mit einer Band namens The Kon-Rads betrat auch ein Saxofonist namens Davy Jones das Studio - wir kennen ihn heute als David Bowie. Wie über alle Gestalten der Popmusik, die ins Legendäre oder Mythische abgedriftet sind (oder von ihren Fans dorthin abgedriftet wurden), kursiert auch über Meek mehr als vierzig Jahre nach seinem Tod viel Unsinn und manche Halbwahrheit. Etliche Mythen und Gerüchte werden mittlerweile schon als gesicherte Fakten gehandelt. Viele Zeitzeugen, die mit Joe Meek zusammengearbeitet haben, haben inzwischen das Zeitliche gesegnet oder wollen nicht mehr befragt werden, andere würden sich gern befragen lassen, erinnern aber leider nichts mehr. Deshalb ist es inzwischen schwer geworden, an Informationen aus erster Hand zu kommen. Dass oftmals identische Informationen in mehreren Quellen zu finden sind, heißt leider nicht immer, dass sie stimmen. Oft bedeutet es einfach, dass die Autoren von derselben Primärquelle oder - noch unangenehmer - voneinander abgeschrieben haben. Schon jetzt zeigen viele Blogs und andere Beiträge im Web, aber auch aktuelle Zeitschriftenartikel, wie stark sich inzwischen Fakten mit Meinungen, Mythen und Gerüchten zu einer schwer zu durchschauenden Melange vermischt haben. Die beiden in Buchform vorliegenden Meek-Biografien sind zudem inzwischen auch schon neun bzw. zehn Jahre alt. Seitdem ist manche neue Information aufgetaucht, die hier berücksichtigt werden sollte. In diesem Portrait soll Meek weder in den Himmel gehoben noch zum bloßen Kuriosum heruntergeschrieben werden. Meeks Bedeutung für die Popgeschichte, seine Arbeit als Toningenieur und seine Rolle als Pionier der Independent-Produktion werden hier untersucht und eingeordnet, und ich habe wenigstens ansatzweise versucht, dabei auch seiner Persönlichkeit gerecht zu werden. Es ist klar, dass dabei der eine oder andere Meek-Mythos angekratzt wird oder ich zu Einschätzungen komme, die im Widerspruch zur bislang überlieferten "offiziellen" Meek-Geschichtsschreibung stehen.
Ein paar Sätze zum Umgang mit Quellenangaben: Im wesentlichen führe ich hier nur solche Informationen auf, die ich selber (nach-) recherchiert habe oder die ich zumindest im direkten Gespräch oder in (teils langen) E-Mail-Diskussionen mit kompetenten Diskussionspartnern auf ihre Wahrscheinlichkeit und Plausibilität abgeklopft habe. Wenn Informationen trotzdem ungesichert sind, dann werden sie auch so bezeichnet. Weil lange Quellenangaben in einem Text oft ein Stolperdraht sind und dies hier keine wissenschaftliche Abhandlung ist, habe ich zugunsten der Lesbarkeit auf Quellenangaben im laufenden Text verzichtet. Alle verwendeten Quellen sind am Ende von Kapitel 13 aufgeführt. Was leider trotzdem nicht ausschließt, dass Fehler enthalten sind. Für Korrekturen und weitere Informationen bin ich deshalb immer dankbar, außerdem möchte ich an dieser Stelle ausdrücklich auf das Forum hinweisen, das für Diskussionen über Meek, seine Musik und sein Leben offen ist. -jr
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