Geoff Goddard: Kurzportrait und Kompositionen (1/2) ( here!)
Geoff Goddard, 1963 Joe Meek hat im Laufe seiner Karriere als unabhängiger Produzent 25 Platten in den britischen Top 40 unterbringen können. Allein neun davon stammen aus der Feder seines - neben Dave Adams wohl engsten - Mitstreiters Geoff Goddard; weitere fünf sind Gemeinschaftsarbeiten von Meek und Goddard. Meeks erste Nummer 1, Johnny Remember Me, stammte ebenso von Goddard wie Just Like Eddie und Tribute To Buddy Holly. Ende der 1950er Jahre, nach seiner Militärzeit, muggte Goddard für 6 Pfund pro Wochenende als Bar- und Hotelpianist. Seine Versuche, in London einige seiner Kompositionen an Musikverlage zu verkaufen, brachten ihn nach vielen Fehlschlägen mit dem Southern-Music-Verleger Bob Kingston in Kontakt, der ihn wiederum als Pianisten an Joe Meek weiterempfahl. Meek, der ihn zunächst unter dem Namen "Anton Hollywood" und mit einem Kandelaber auf dem Klavier als eine Art "Liberace von Reading" aufbauen wollte, erkannte schon nach kurzer Zeit, dass die Bühne nicht Goddards Welt war. Ein damaliger Rezensent fühlte sich eher an Harpo Marx erinnert; Goddards Spielweise erinnerte auf charmante Weise an die eines Stummfilmpianisten, zudem hatte er die Gewohnheit, beim Spielen seltsame Schnalzlaute von sich zu geben und mit den Füßen zu trampeln. Dafür überzeugte Goddards Pop-Instrumentalkomposition Lone Rider Meek aber von dessen Talent als Songwriter. Im Sommer 1961 nahm er das Stück mit den Flee-Rekkers auf. Später ergänzte Goddard das Stück um einen Text; es erschien von John Leyton gesungen im Frühjahr 1962. Als Autor von einfachen, eingängigen Popsongs ist Goddard hochtalentiert gewesen, da sind sich alle einig, die Songs aus seiner Feder kennen. Und sie beendeten seine ständige Ebbe im Portemonnaie: Schon die beiden Hits, die er für Leyton schrieb, brachten ihm rund 8000 Pfund ein (die Summe würde heute etwa 300.000 Pfund, 350.000 Euro oder 460.000 US-Dollar entsprechen), und dabei blieb es nicht. Aber Goddard war aufgrund seines Studiums auch ein für Popverhältnisse sehr guter Instrumentalist, und so wurde er in Meeks Studio zum ständigen In-House-Musiker. Wenn auf einer Meek-Produktion aus der Zeit bis Mitte 1964 ein Klavier zu hören ist, dann hat mit großer Wahrscheinlichkeit Goddard die Tasten gedrückt. Am prominentesten wirkte er sicherlich in Telstar mit, wo er nicht nur die Klavierarpeggios, sondern in einem dreifachen Overdubbing auch die Melodiestimme auf dem Clavioline spielte. Auch die gegen Ende des Stücks aus dem Hintergrund aufsteigende Gesangsstimme gehört Goddard. (Mehr Info zur Produktion von Telstar siehe hier.) Als dann Meek - unfähig, eigenes Fehlverhalten einzugestehen oder überhaupt einzusehen - 1965 auch noch an Goddards Songs herumzumäkeln begann, sie als vorgestrig bezeichnete und ihm nahelegte, sich beizeiten begraben zu lassen, zog Goddard tief enttäuscht den Schlussstrich und wurde in Meeks Studio nicht mehr gesehen. Nach Meeks Tod arbeitete Goddard kurzfristig mit Cliff Richard zusammen. Sein Song My Head Goes Around erschien 1969 auf dessen Album "Tracks 'n' Grooves", doch es sollte sein letzter veröffentlichter Song bleiben. Goddard kam mit Richard (bzw. dessen Produzenten) nicht klar und hängte 1972 schließlich die Musikerexistenz an den Nagel. Er ging zurück in seinen Geburtsort Reading und fand einen Job an der dortigen Universität: als Putzhilfe in der Mensa. Man mag das schwer fassbar finden, aber er ist diesen Schritt bewusst und freiwillig gegangen und hat sich nie über seine Situation beklagt. Er zog sich nicht eigentlich zurück, er machte auch kein Geheimnis aus seiner Vergangenheit und freute sich, wenn jemand ihn oder seine Songs kannte, aber aktiv wollte er mit der Musikszene nichts mehr zu tun haben. Goddard war ein schüchterner und eher verschlossener Mensch. Weshalb er in Nick Morans "Telstar"-Film (2008) allerdings als absoluter Volltrottel dargestellt wird, bleibt das Geheimnis des Regisseurs, im wirklichen Leben war er das sicher nicht. Darüber hinaus ist über den privaten Goddard leider so gut wie gar nichts bekannt; auch seine Angehörigen sind nicht willens, irgendwelche Informationen über ihn herauszugeben. Anders als einige andere Meek-Acts fiel Goddard nach dessen Tod nicht in die Verarmung, denn er war der Komponist des Instrumentals Jungle Fever, das sich als B-Seite der Telstar-Single weltweit millionenfach verkaufte. Auch später sind ihm immer wieder einmal Tantiemen zugeflossen, nicht zuletzt durch seine Komposition auf dem Cliff-Richard-Album. Auch Just Like Eddie brachte ihm noch einmal Geld, als das Stück für eine Fernsehwerbung parodiert wurde: Just Like Shreddies. Zudem verkaufte 1985 seine Komposition Johnny Remember Me in einer Coverversion mit Marc Almond & Bronski Beat nochmals 300.000 Platten und erreichte die britische Top 10 - und brachte Goddard, der die aktuellen Hitlisten schon lange nicht mehr verfolgte, zu seiner riesigen Überraschung eine Platin-Platte ein.
Geoff Goddard, ca. 1990
mit John Leyton, ca. 1995
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